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Wir über uns |
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Kurze
Geschichte des Verbandes Deutscher Waldvogelpfleger und Vogelschützer
(VDW) |
Die Pflege
einheimischer Vogelarten in menschlicher Obhut hat in Mitteleuropa
eine lange Tradition. Eine eigene Vertretung der Vogelhalter, eine
Organisation entstand allerdings erst 1924 in Leipzig, der
„Reichsverband der deutschen Vogelliebhaber“. Johann Birk
(1878-1953) war es, der den Verband in wirtschaftlich schwierigen
Zeiten gründete. Es war sein Ziel, die Interessen der Vogelhalter,
die ganz wesentlich die Interessen der Waldvogelhalter waren, nach
außen wirkungsvoller zu vertreten. |
Der
Nationalsozialismus erzwang die Gleichschaltung auch der
Vogelhalter. 1936 entstand der „Reichsverband deutscher
Vogelpfleger und –züchter“ mit Sitz in Berlin. Dann kam der 2.
Weltkrieg und die Vogelhalter hatten erst einmal, und auch nach
dem Zusammenbruch 1945, ganz andere Probleme. Wer noch einige
Vögel durch die schwierige Nachkriegszeit bringen konnte, durfte
sich glücklich schätzen. 1948 gründete Leopold Keidel (1893-1982)
die „Austauschzentrale der Exotenliebhaber und –züchter (AZ)“
wieder, die bereits von 1920 bis 1935 existiert hatte.
Keidel war es auch, der die Gründung des VDW vorbereitete und
ermöglichte. Er setzte sich bereits Ende 1950 gezielt für eine
Interessenvertretung der Waldvogelhalter ein. Im August 1951 kam
es dann zur Gründung der „Vereinigung der Liebhaber einheimischer
Vögel (in der AZ)“. Deren Tätigkeit blieb, politisch nicht anders
möglich, allerdings auf die 1948 gegründete Bundesrepublik
Deutschland beschränkt. Streng genommen ist die Jahrestagung der
AZ, die vom 24. bis 26. August 1951 in Bad Honnef stattfand, die
Geburtsstunde des VDW. |
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Doch gilt als
eigentliches Gründungsdatum die erste eigenständige, nicht mehr
unter dem Dach der AZ durchgeführte Jahrestagung am 23. August
1953 in Aachen. Hier gaben sich die versammelten Vogelfreunde den
Namen „Verband der deutschen Waldvogelliebhaber“. Seitdem gibt es
das Kürzel „VDW“, unter dem die Halter europäischer Vogelarten
weit besser bekannt sind als unter ihrem vollen Namen. 1977 wurde
dieser noch einmal geringfügig geändert und den veränderten
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst: „Verband Deutscher
Waldvogelpfleger und Vogelschützer e.V.“. Damit wurde der
Tatsache, dass auch der Vogelschutz zu den Aufgaben eines
Vogelliebhabers gehört und längst praktiziert wurde, Rechnung
getragen. Zum 1. Vorsitzenden wurde 1953 Joseph Ledroit
(1892-1985) aus Mainz gewählt, der bereits seit 1951 die
Waldvogelliebhaber in der AZ vertreten hatte. Zum ersten
Geschäftsführer (1. Schriftführer) wurde 1951 Jürgen Nicolai (*
1925) aus Wiesbaden gewählt. Zwar blieb er nur 1951 in dieser
Position und übernahm dann eine andere Aufgabe im Vorstand des
VDW. Er wurde später ein bekannter Verhaltensforscher und
langjähriger Leiter des Instituts für Vogelforschung/Vogelwarte
Helgoland in Wilhelmshaven. |
Die Gründung des
VDW war keine Trennung im Streit von der AZ, im Gegenteil. Die AZ
hat den Waldvogelliebhabern in ihren Reihen eine bessere
Interessenvertretung gegenüber den Gegnern der Vogelhaltung, aber
auch gegenüber den Behörden ermöglicht. Denn das 1935
verabschiedete Reichsnaturschutzgesetz bestand in seinen
Bestimmungen fort und sorgte dafür, dass die Haltung einheimischer
Vogelarten stärker reglementiert blieb als die jeder anderen
Vogelgruppe. Schon sehr bald – das Wirtschaftswunder in
Westdeutschland begann gerade erst, sich bemerkbar zu machen –
musste sich die Interessenvertretung für die Haltung einheimischer
Vögel mit dem Vorwurf auseinandersetzen, die Vogelhaltung sei
mitverantwortlich am allgemeinen Rückgang der Vögel in der freien
Natur. Bereits auf der Jahrestagung 1954 in Mannheim wurde über
das Thema „Ist die Vogelliebhaberei schuld an der Abnahme der
Vogelwelt?“ referiert und diskutiert. Im selben Jahr 1954
übernahm Dr. Joachim Steinbacher (*1911) aus Frankfurt/Main das
Amt des 1. Vorsitzenden, nachdem sich Joseph Ledroit nicht mehr
zur Wiederwahl gestellt hatte. Zwar äußerte er anfänglich Bedenken
wegen seiner beruflichen Verpflichtungen und seiner Position als
Herausgeber der „Gefiederten Welt“. Doch dann prägte er in 48
Jahren, die er das Amt des 1. Vorsitzenden innehatte, den Verband
wie kein anderer. Jahr für Jahr stiegen die
Mitgliederzahlen, ganze Vereine traten geschlossen dem VDW bei;
1965 waren es 158 angeschlossene Vereine. Auch fanden bereits in
den 1950er Jahren überregional bedeutende Ausstellungen statt, die
der VDW in Zusammenarbeit mit anderen Vogelhalterorganisationen
organisierte. Um die Interessen der Mitglieder gerade auch
regional wirksamer vertreten zu können, wurden „Landesgruppen“
gebildet, die den Zusammenhalt zwischen dem Bundesvorstand und dem
lokalen Verein bzw. dem Einzelmitglied verbessern sollten. 1958
wurde als erste die „Landesgruppe Nordrhein-Westfalen“ gegründet,
1960 folgten Bayern und Baden-Württemberg, 1962 Hessen. Erst
nachdem die Landesgruppen 1968 zu weitgehend selbständigen
„Landesverbänden“ geworden waren, folgten die weiteren drei heute
bestehenden regionalen Organisationen, die Landesverbände
Rheinland-Pfalz-Saar 1981 und „Nord“ 1988 sowie - erst durch die
politische Wende in der früheren DDR ermöglicht – Sachsen 1991.
In den ersten Jahren des VDW war es, mit besonderen
Fanggenehmigungen, durchaus gestattet, sich einheimische Vögel
nicht bedrohter Arten und in geringer Anzahl selbst aus der Natur
zu holen. Bis in die 1970er Jahre wurden im Ausland gefangene
Vögel eingeführt und sie konnten legal erworben werden. Diese
Lücken in der Gesetzgebung galt es, zu schließen, um die Bedeutung
der Arterhaltung durch Vermehrung in menschlicher Obhut ebenso wie
die Seriosität der Vogelhalter stärker unter Beweis zu stellen.
Haltern illegal erworbener Vögel drohte stets der Ausschluss aus
dem Verband. 1976 wurde das Bundesnaturschutzgesetz
verabschiedet. Die sich daran anschließenden Verordnungen der
Bundesländer und spätere Novellierungsbestrebungen des Gesetzes
selbst führten schon bald zu einem neuerlichen Wiederaufleben der
gegen die Vogelhaltung gerichteten Argumente gegen die sie
eingestellten Organisationen. Die Diskussion nahm an Emotionalität
und Schärfe zu, an Sachlichkeit dagegen ab. Die Bestrebungen, die
private Vogelhaltung stark einzuschränken, sogar ganz zu
verbieten, wurden immer offener vorgetragen und trafen auch bei
politischen Entscheidungsträgern auf Verständnis. In dieser
Situation konnte ein kleiner Interessenverband wie der VDW nichts
mehr bewirken. Erst die Gründung des Bundesverbandes für
fachgerechten Natur- und Artenschutz (BNA) am 26. Januar 1985
führte zur Sachlichkeit zurück. Der BNA bewirkte in jahrelanger,
hartnäckiger Arbeit gegen jeden Versuch, „Positivlisten“
einzuführen, eine zwar durch viele Regelungen eingeschränkte, aber
weiterhin legale Haltung einheimischer Vogelarten. Der
Schwerpunkt der VDW-Arbeit liegt seit jeher in der Haltung und
Vermehrung einheimischer Vogelarten. Doch gerade in den 1960er und
1970er Jahren nahmen Vogelschutz-Aktivitäten – der Schutz der
gleichen Arten in der freien Natur – durch VDW-Mitglieder stetig
zu. Zu Beginn des Jahres 1970 kam es hierdurch zu Irritationen
besonders im südhessischen Raum, wo Vorstandsmitglieder des
Deutschen Bundes für Vogelschutz (DBV, heute Naturschutzbund
Deutschland, NABU) den VDW als Konkurrenten betrachteten. Nicht
nur aus heutiger Sicht ist dies eine Einschätzung, die eher als
Lob als als Tadel aufzufassen ist. Aktuell erleben wir eine
Phase, in der die private Vogelhaltung von offizieller Seite kaum
in Frage gestellt wird und die Zusammenarbeit mit Natur- und
Vogelschutzorganisationen in immer besserer Form funktioniert.
Sollten sich die Rahmenbedingungen wieder einmal verschlechtern,
werden sich die Menschen mit gleichen Interessen auch wieder enger
zusammenfinden und Trennlinien überwinden. Doch der Nachwuchs an
Vogelhaltern, die sich für europäische Arten begeistern können,
wird immer spärlicher wird und stellt das Überleben einheimischer
Vögel in menschlicher Obhut langfristig in Frage. Hoffen wir, dass
dieser Trend ein baldiges Ende findet – im Interesse einer
schönen, gemeinsamen Beschäftigung, der Pflege und dem Schutz
einheimischer Vögel.
Dr.Christoph Hinkelmann (Präsident) |
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