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Nordost-Polen |
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Ornithologische Studienreise vom 17. bis 24. Mai 2014 nach Nordost-
Polen
Reisebericht von Manfred Lohrmann
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Es war mal wieder soweit; am 17. Mai 2014 startete unsere schon vor
längerer Zeit vorbereitete und mit Spannung erwartete Studienreise nach
Polen. Zielgebiet war der Nordosten des Landes, südlich der Masuren an
der Grenze zu Weißrussland. Dort befinden sich unvorstellbar große
Naturräume wie das riesige Sumpftal der Flüsse Biebrza und Narew sowie
die Urwälder von Bialowieza mit einer Fläche von 1.300 km². Es sind
Vogelparadiese von internationaler Bedeutung, in denen noch
Brutvogelarten leben, die im übrigen Europa ausgestorben sind. Sieben
Adlerarten, Blauracke, Karmingimpel, Schlagschwirl, Zitronenstelze, um
nur wenige zu nennen, brüten hier in Nachbarschaft mit einer Vielzahl
westeuropäischer Vogelarten. Weltberühmt ist der Bialowieza-Urwald, der
letzte natürliche Urwald in Mitteleuropa mit Wisenten und Elchen in
freier Wildbahn. 43 Reiseteilnehmer freuten sich schon seit langem auf
diese Reise; einige VDW-Mitglieder aus anderen Landesverbänden ließen
sich dieses interessante und vielversprechende Unternehmen ebenfalls
nicht entgehen und mancher war schon das zweite Mal in Polen dabei.
Reiseleiter und Organisator war unser Landesverbandvorsitzender von
Baden-Württemberg Herbert Geitner; die Führung vor Ort übernahm der
Biologe Piotr Orzechowski. Reiseveranstalter war die bewährte
Albatros-Tours, ornithologische Studienreisen, Jürgen Schneider. |
Anreise Samstag, 17. Mai Mit dem Shuttlebus fuhren wir um 3:30 Uhr
von Bad Schönborn über die ehemalige Geschäftsstelle in Huttenheim zum
Flughafen Frankfurt. Auf der Fahrt dorthin stiegen noch einige
Mitglieder anderer Landesverbände zu. Pünktlich hob der Flieger in
Frankfurt ab und nach etwa 90 Minuten landeten wir in Warschau. Ein Bus
brachte uns nach Hajnowka am Rande des Nationalparks Bialowieza, wo wir
nach einem Starkregen mit Hagel unser Quartier bezogen. Nach einem guten
Abendessen um 18 Uhr hatte sich das Wetter wieder beruhigt, so dass
einige von uns noch einen Abendspaziergang zu dem nahe gelegenen
Erlenwald unternahmen. |
Sonntag, 18. Mai Nach einem kräftigen Frühstück und
bei Sonnenschein brachte uns der Bus in die nicht weit entfernte
Kernzone des Nationalparks. Verschiedene Spechtarten, Halsbandschnäpper
und andere Vogelarten konnten wir dort hören und beobachten. Unser
Führer kannte sich nicht nur in der dortigen Tier- und Pflanzenwelt gut
aus; er erzählte uns auch zwischendurch Interessantes über die
Geschichte Polens mit Russland, so dass der Vormittag schnell vorüber
war. Nach dem Mittagspicknick fuhren wir mit Pferdekutschen zum Gehege
der Wisente. Die Wildrinder sind um diese Jahreszeit extrem scheu und in
der freien Natur nur sehr schwer zu finden. Nebenbei: Die
Nachmittagstemperaturen betrugen inzwischen +25-28 Grad Celsius. |
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Montag, 19. Mai Gestärkt durch ein gutes Frühstück
besuchten wir am Vormittag die Rand- und Pufferzone des Nationalparks,
wo wir unter anderem Grauammer, Pirol, Wiedehopf und Neuntöter
beobachten konnten. Dabei bekamen wir auch Eindrücke über die
Bewirtschaftung der einmaligen Wälder von einem Forstbeamten vermittelt.
Anschließend unternahmen wir eine Exkursion zum nahe gelegenen Stausee,
um dort Trauer-, Weißflügel- und Weißbartseeschwalbe, Schwarzstorch,
Wiedehopf, Braunkehlchen, Zitronenstelze und Sumpfhuhn zu bestaunen. Eine
in einem Zweig am Wegrand eingeklemmte
(noch lebende) Maulwurfsgrille
und ein Raubwürger, der in der Nähe auf einer Stromleitung saß, führten
uns letztendlich zu einem Raubwürgernest mit fünf Jungvögeln.
Nachmittags wanderten wir durch verschiedene Waldarten wie Au-,
Erlenbruch-, Misch-, Fichten-, Hainbuchenwald, die Brutgebiete von
Zwergschnäpper, Wendehals und Fichtenkreuzschnabel, Schlagschwirl,
Karmingimpel, Sperbergrasmücke und Grauspecht. Ein geselliger Grillabend
mit kräftigem Fleisch und Würsten beendete später den Tag. |
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Dienstag, 20. Mai Heute stand Quartierwechsel auf
dem Plan. Wir fuhren durch malerische Dörfer in nordöstlicher Richtung
nach Lomza, wobei wir zunächst durch die schöne Provinzhauptstadt
Bialystok kamen. Bei Lomza besichtigten wir eine moderne orthodoxe
Kirche und durften eine private Führung durch den zuständigen Popen
genießen. Später machten wir eine längere Exkursion in das Sumpftal von
Narew und Biebrza. Hauben-, Rothals-, und Schwarzhalstaucher sowie
Zwergdommel, Rohrdommel, Drossel-, Schilf- und Teichrohrsänger konnten
wir dort beobachten, ebenso Bienenfresser. Am späten Nachmittag
besuchten wir eine im 17. Jahrhundert erbaute und noch genutzte Synagoge
in Tykochin und erfuhren von unserem Führer auch die damit verbundene
jüdische Geschichte dieser Ortschaft.
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Mittwoch, 21. Mai An diesem Tag unternahmen wir
eine ganztägige Exkursion ins Sumpftal von Biebrza und Narew. Wir
befanden uns im Gebiet der Rohr- und Wiesenweihe, Schwarzstorch,
Kampfläufer, Rotschenkel, Uferschnepfe, Bruchwasserläufer und
verschiedenen Seeschwalbenarten. Auch Beutelmeise, Karmingimpel und
sogar Seeadler sichteten wir. In gebührender Entfernung konnten wir im
Sumpf mehrere Elche ausmachen. Gegen Abend wurden Sprosser,
Schlagschwirl, Wachtelkönig, Rotrückenwürger und Pirol gesehen und
gehört.
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Donnerstag, 22. Mai Heute mussten wir uns mit einem
weniger komfortablen Linienbus begnügen, weil unser Reisebus in der
Inspektion war. Wir besuchten ein Renaturierungsprojekt in der Nähe von
Lomza, das in Zusammenarbeit mit dem WWF zur Bestandssicherung des
seltenen Seggenrohrsängers ausgewiesen wurde. Auch Schwarzstorch,
Wachtelkönig, Kampfläufer, Wiesenweihe, Blaukehlchen, Zitronenstelze und
Seeadler konnten wir beobachten. Als ich im Begehungsgebiet vom "rechten
Weg" abkam, tauchte plötzlich neben mir in der Sumpfwiese eine Elchkuh
auf, die mich neugierug beäugte. Aus einer Enternung von ca. 25 m konnte
ich das herrliche Tier eingehend bestaunen und auch fotografieren. Nicht
ängstlich und gemächlich verzog sich das Tier nach einigen Minuten
zwischen die Büsche. Abseits des vorgesehenen Weges tauchten Wiedehopf
und mehrere Neuntöter auf. Am Nachmittag unternahmen wir eine Bootstour
auf der Narew von wo aus wir die herrliche Gegend und eine Vielzahl
verschiedener Vogelarten beobachten konnten, wie z.B. eine Kolonie
Uferschwalben. |
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Freitag, 23. Mai
An diesem Tag wanderten wir
nach einem guten Frühstück entlang der Narewauen bei Lomza und um das
Gebiet beim Zusammenfluss von Narew und Bieberza. Dieses Gebiet wird bei
Starkwasser beider Flüsse ständig überflutet und ist dann ein
natürliches Paradies, in dem sich auch Kampfläufer, Rotschenkel,
Uferschnepfe, Brachvogel, Kranich, Biber und auch Fischotter wohl
fühlen; auch Kolkraben wurden in einem nahen Wald gesichtet.
Während der
Führung durch Piotr erläuterte dieser die geschichtsträchtige Seite
dieser Landschaft und die historische Bedeutung für Polen, Russland und
das Baltikum. Nach dem Abendessen verglichen und komplettierten wir in
geselliger Runde mit Peter Meloni unser Exkursionsheft. Insgesamt
wurden 133 Vogelarten festgestellt, ca. 20 Schmetterlings- und
Falterarten, 10 verschiedene Säugetierarten, 8 Lurcharten und unzählige
(bei uns nicht mehr vorkommende) Insektenarten.
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Rückreise Samstag, 24. Mai Am frühen Morgen wurden
wir von unserem Busfahrer von Lomza aus direkt über Landstraßen und
Autobahnstrecken zum Warschauer Flughafen gefahren. Auf dieser Fahrt
konnten wir noch letzte Eindrücke von der Landschaft und den Ortschaften
sammeln. Nach termingerechter Abfertigung landeten wir bei kühlen
Temperaturen gegen 12:30 Uhr auf dem Frankfurter Flughafen. Mit dem
Shuttlebus fuhren wir zunächst zur ehemaligen VDW-Geschäftsstelle in
Huttenheim, wobei auf der Fahrt dorthin schon einige Teilnehmer
ausstiegen. Die Mehrzahl verließ den Bus in Huttenheim und der Rest in
Bad Schönborn.
Zusammenfassung/ nächste Vorhaben Auch unsere
diesjährige Studienreise war wieder rundum gelungen und
beeindruckte uns mit vielseitigen Erlebnissen. Wo wir hinkamen,
trafen wir stets nette und freundliche Menschen. Die Tier- und
Planzenwelt war einmalig, auch die Schönheit und Weite der
Landschaft hatte unsere Erwartungen übertroffen. Bei unseren
Exkursionen erfuhren wir Wissenswertes über die polnische
Geschichte und konnten bei der Reise auch interessante Bauwerke
besichtigen. In den weiten Feuchtgebieten waren überall Störche
zu sehen und in jedem Dorf befanden sich mehrere Storchennester
mit Jungtieren. Die Unterkunft in den Hotels war gut, das
Frühstück und die warme Abendmahlzeit lecker. Nach dem
Abendessen saßen wir noch öfters beisammen und tauschten die
einzelnen Erlebnisse aus. Die gesamte Reise verlief reibungslos
und alle kamen wieder gesund in die Heimat zurück. Ein
herzlicher Dank im Namen aller Teilnehmer an Herrn
Herbert Geitner für die hervorragende Organisation und
Reiseleitung, den Damen Helga Thösen und Evi Geitner
für die schmackhafte Mittagsverpflegung (Picknick). Danke auch
an alle anderen, die zum Gelingen unserer Reise so tatkräftig
beigetragen haben, einschließlich unseres Reiseführers
Piotr Orzechowski sowie unseres Busfahrers, der uns
ohne Probleme über viele Kilometer gefahren hat und auch ständig
verschiedene Getränke für uns bereit hielt. Für die nächsten
Studienreisen sind 2015 die Insel Rügen, 2016 das südliche
Portugal eingeplant. Auf ein baldiges Wiedersehen bei unserer
"Reise-Nachlese", spätestens bei unsere nächsten Studienreise,
freuen wir uns alle schon heute.
Manfred Lohrmann |
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