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Portugal |
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Ornithologische Studienreise vom 23. bis 30. April 2016 nach Portugal
Reisebericht und Bilder von Manfred Lohrmann
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„Ich bin also bereit zuzugeben, dass Europa weiß, wo
Portugal liegt, doch ich werde mir erlauben, weiterhin zu
bezweifeln, dass dieses Europa weiß, was Portugal ist.““
José
Saramago (1922-2010) Romancier und NobelpreisträgerJosé
Saramago (1922-2010) Romancier und Nobelpreisträger
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Vorbereitung
Schon vor
einigen Jahren beschlossen wir, die Studienreise 2016 nach Portugal
durchzuführen. Wenige europäische Länder sind so vielfältig und keines
ist so wenig bekannt wie Portugal. Es ist ein Land, das durch Geographie
und Geschichte immer im Abseits lag. Dem Reisenden ist gewöhnlich die
Algarve als Urlaubsziel mit Sonne, Strand und Meer bekannt, aber nur
selten findet jemand den Weg nach Norden. Außer Lissabon und Porto sind
die anderen Orte nur Kleinstädte oder größere Dörfer. Die Vielfalt des
Landes liegt im Kleinen. Es ist die Vielfalt seiner Landschaft und der
Natur. Ein Teil dessen war das Ziel unserer diesjährigen Studienreise:
die Steppenlandschaft des Alentejo mit Korkeichen und Olivenhainen,
Flusslandschaften, die Felsenküste und Salzmarchen sowie das Gebirge und
die Küstenbereiche um Lissabon mit seinen weiten Flussmündungen. In
unseren Exkursionsgebieten waren u.a. Samtkopfgrasmücke, Kalanderlerche,
Gleitaar, Blauelster, Wellenastrild („Einwanderer aus Afrika“),
Einfarbstar zu erwarten, ebenso die in Mitteleuropa selten gewordenen
Arten wie Raubwürger und Wiedehopf. Auch Greifvögel und Trappen sind
hier zu finden, mehrere Schwalbenarten, Fahlsegler, Rotkopfwürger und
Steinschmätzer. Ein wichtiges Überwinterungsgebiet für Watvögel ist das
Tejo-Ästuar mit ca. 55.000 Limikolen, darunter bis zu 18.000
Säbelschnäbler. Die Flussmündung des Rio Sado ist diesbezüglich
ebenfalls von großer Bedeutung. Die Erwartungshaltung der 34
Reiseteilnehmer, einige aus anderen Landesverbänden, war entsprechend
hoch. Unsere Landesverbandvorsitzender Herbert Geitner hatte wie immer
die Planung und Leitung unserer Studienreise übernommen, die
Reiseführung vor Ort Herr Dr. Peter Petermann, Ornithologe und
„Portugal-Kenner“. Reise-Unternehmer war die bewährte Albatros-Tours,
ornithologische Studienreisen Jürgen Schneider.
Samstag, 23.4. (Anreise)
Mit dem Shuttle-Bus fuhren wir um 1:30 Uhr von Bad Schönborn
über Huttenheim zum Flughafen Frankfurt, wo wir nach ca. 3 Std.
Flug um 8:00 Uhr (MEZ – 1 Std.) in Lissabon landeten. Unser
örtlicher Bus brachte uns von dort aus zu unserem ersten
Standort Evora, ca. 150 km ostwärts von Lissabon. Bereits auf
dieser Fahrt konnten wir bei mehreren Halts einige
Schwarzkehlchen, Braunkehlchen, Einfarbstare und Blauelstern
entdecken. Gegen Mittag bezogen wir unser Hotel „Dom Fernando“
in Evora. Beim ersten Stadtbummel hatten wir Gelegenheit, in der
City Mittag zu essen. Danach nutzten wir noch die Zeit bis zum
Abendessen um die Landschaft bei Evora mit Flora und Fauna zu
erkunden. |
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Sonntag, 24.4.
Nach
einem stärkenden Frühstück fuhren wir mit dem Bus in ostwärtiger
Richtung durch die fast endlosen Ebenen des Alentjeo
kilometerweit vorbei an Korkeichen- und Olivenwäldern. Im Osten
des Landes überquerten wir den Rio Guardiana mit seinen sehr
breiten Seitenläufen, so groß wie Seen. In dieser Gegend sahen
wir etliche Bienenfresser, Kuhreiher, Tekla-Lerche, Pirol,
einige Raubwürger (deutlich dunkler gefärbt als in
Mitteleuropa), Rotkopfwürger, Einfarbstar, Schwarzkelchen, viele
Störche mit Nestern, Grauammer, Wiedehopf, Goldammer und
Blauelster. In der Ferne entdeckten wir an einem toten Schaf
einen Gänse- und einen Mönchsgeier. Entlang unseres Wegs
befanden sich herrliche Blumenwiesen mit verschiedenen
Orchideenarten. Nach dem Picknick im Freien fuhren wir einige
Kilometer weiter in Richtung spanische Grenze. Die Grenze
überquerten wir ohne Formalitäten zu Fuß, um auch dort Vögel zu
beobachten. Bei unserer nachmittäglicher Exkursion in Grenznähe
fielen uns Schmutzgeier auf, auch Haubenlerche, Braunkehlchen,
Schwarzkehlchen, Turmfalke, Rötelfalke, verschiedene
Schwalbenarten, Löffler, Wiedehopf, Wanderfalke konnten wir
sehen. Auf einer anderen Strecke fuhren wir dann gegen Abend
zurück nach Evora. |
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Montag, 25.4.
Heute war eine Exkursion in das Gebirge „Serra de Contenda“
vorgesehen. Am frühen Morgen ging es südostwärts in Richtung
Moura und dort weiter in Richtung spanische Grenze. Dabei
überquerten wir wieder den Rio Guardiana, heute jedoch weiter
südlich. Zwischendurch legten wir immer wieder Stopps ein, um zu
Fuß in der herrlichen Natur Vögel zu entdecken. In dieser Gegend
waren die sanften Hügel des Alentejo einem felsigen
Mittelgebirge mit Flusstälern gewichen. Die Vegetation zeigte
sich sehr unterschiedlich, wild und üppig: Blumenwiesen,
Sträucher, Bäume, Büsche, Wasserpflanzen, alles ursprünglich und
ohne menschliche Eingriffe! Zu sehen waren Kalander-Lerche,
Hauben-Lerche, Bachstelze, Feldlerche, Rotkopfwürger, Storch,
Pirol, Mauersegler, verschiedene Schwalben-Arten, Kolkrabe,
Zwergadler, Zaunammer, Grauammer, um nur einige zu nennen. In
spanischer Grenznähe legten wir in einem Bergdorf unsere
Mittagspause ein. Auf einem Grundstück unterhalb der
Befestigungsmauern der Ortschaft konnten wir mehrere Vogelarten
beobachten, darunter befand sich auch ein Paar Blaumerlen, das
in einer Mauernische ihre Brut aufzog. Nach einer längeren Rast
fuhren wir über eine von unserem Reiseführer Peter ausgesuchten,
anderen Strecke zurück. Bei einigen spontanen Zwischenstopps in
der fast menschenleeren Landschaft konnten wieder viele
Vogelarten gesehen und bestimmt werden: Blauelster,
Bienenfresser, Grünschenkel, Sperling, Grünfink, Raubwürger,
Schwarzer Milan, Wiesenweihe, Limikolen-Arten, Türkentaube,
Hohltaube, Brauner Sichler, Löffler, Flamingo, Silbermöve,
Kormoran, Graureiher, Kuhreiher, Silberreiher, Seidenreiher,
Purpurreiher, Graugans, Schnatterente, Stockente, Stelzenläufer,
Schlangenadler, Rötelschwalbe, Mehlschwalbe, Wiedehopf,
Eisvogel, Einfarbstar, Amsel, Braun- und Schwarzkehlchen, Triel,
Elster, Grünfink, Girlitz, Stieglitz und Blaumeise. Dieser Tag
verlief besonders erfolgreich und bunt. Unser Reiseführer Peter
lenkte uns nicht nur sicher durch die Serra Contenda sondern
erzählte dabei auch Interessantes zur portugiesischen Geschichte
sowie über Land und Leute. |
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Dienstag, 26.4.
Heute stand ein Hotelwechsel ins
etwa 120 km entfernte Setubal auf dem Plan. Den Vormittag verbrachten
wir noch in Evora, wo uns bei einer längeren Stadtbesichtigung unter der
sachkundigen Führung von Peter die städtischen Sehenswürdigkeiten und
Geschichte nahe gebracht wurden. Nach dem Mittagspicknick in freier
Natur führte uns die Reise nicht direkt zur unserem neuen Hotel
„Premium“, sondern zunächst in das Umland von Setubal mit seinen
Reisfeldern und Salinen, später dann in die Hafengegend von Setubal im
Bereich des Rio Sado mit seiner Flussmündung in die Baia de Setubal. Im
dortigen Watt – wir kamen rechtzeitig zur Ebbe – waren viele „gefiederte
Freunde“ anzutreffen: Einige Limikolen-Arten, verschiedene Möwenarten,
Löffler, Flamingo, verschiedene Reiher-Arten und Brauner Sichler. Auch
Bienenfresser, Schwarzkehlchen, Kuhreiher, Stieglitz, Wiedehopf,
Blauracke waren in der Nähe zu sehen. Vor dem Abendessen hielten wir uns
in Hotelnähe am Strand von Setubal auf, um die herrliche Aussicht zu
genießen. |
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Mittwoch, 27.4.
Heute fuhren wir an die Tejo-Mündung (Tejo-Ästuars) bei
Lissabon, um in der großen Wattfläche nach überwinterten Vögeln
und Durchzüglern Ausschau zu halten. In Strandnähe konnten wir
bei Ebbe eine große Menge von Steinwälzern bei ihrer Futtersuche
im Watt beobachten. Auch Sanderling, Flamingo, Löffler, Enten
und Stelzenläufer waren zu sehen; außerdem ein einzelner
Brachvogel im Watt. Unser Mittagspicknick nahmen wir in einem
nahegelegenen Naturzentrum ein. Im umliegenden Gelände, teils
schilfig, waren Rabenkrähe, Elster, Amsel, Fischadler, Grünfink,
Schwarzkehlchen, Zaunammer, Stieglitz, Samtkopfgrasmücke, Reiher
und viele Flamingos zu beobachten – auch Rohrsänger, Zwergadler
und Weidensperling sowie ein Paar Wiedehopfe bei der
Futterbeschaffung für ihre Jungen. Zufrieden mit unseren
Beobachtungen und Erkundungen ging es zum Abendessen ins Hotel
nach Setubal zurück. |
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Donnerstag, 28.4.
Ein „Kulturtag“ in Lissabon war einer der
Höhepunkte unserer Reise. Am frühen Morgen fuhren wir über die
10 km lange neugebaute Brücke des Tejo-Ästuras nach Lissabon und
gelangten durch das Diplomatenviertel im Vorort Belem zum
weltbekannten Touristenmagnet Kloster Belem („Kloster Dos
Jeronimus“). Dort erwartete uns bereits unsere deutschsprachige
Stadtführerin, die eine hochinteressante Führung durch die
riesige Klosteranlage bot. Danach hielten wir uns noch einige
Zeit im Strandpark auf, um das alte Wahrzeichen der Seefahrer,
den Turm von Belem und das Denkmal der Entdecker („Eroberer“) zu
bestaunen und zu fotografieren. Zu Mittag aßen wir in einer der
dortigen kleinen Gaststätte. Der Nachmittag gehörte dann der
Begehung der Altstadt von Lissabon. Die Stadt
ist eine der größten Hauptstädte Europas mit einer Fülle an
Kulturschätzen. Lissabon zählt heute ca. 560.000 Einwohner und
ist eine moderne Großstadt mit historischer Geschichte. Unsere
Aufmerksamkeit gebührte vor allem der Altstadt mit ihren vielen
kleinen Geschäften, ihren historischen Gebäuden und dem
pulsierenden Leben. Natürlich fuhren wir im bekannten
Aufzugsturm von der Alt- in die Neustadt. Es gab noch viel zu
sehen, was selbstverständlich an einem Tag nicht zu schaffen
war. Dennoch erhielten wir wenigstens einen kleinen
unvergesslichen Eindruck von einer schönen und hochinteressanten
Stadt mit ihren Menschen und historischen Gebäuden. |
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Freitag, 29.4.
Um 6 Uhr unternahmen einige „Unermüdliche“ eine
Vogelstimmenwanderung in die bewaldete Umgebung von Setubal.
Hoch über der Stadt begann das morgendliche Vogelgezwitscher.
Wir konnten dabei einige Vögel erkennen: Elster, Eichelhäher,
Meise, Sperling, Samtkopfgrasmücke, Rabenkrähe, Hausrotschwanz,
Turteltaube und einige Schwalbenarten. Nach 2 Std. kehrten wir
ins Hotel zurück, um mit den anderen Reiseteilnehmern zu
frühstücken. Anschließend fuhren wir an den Ästuar des Rio Sado.
Seeschwalbe, Flamingo, Sperling, Laubfrosch, Seefrosch und
verschiedene Enten-Arten wurden dort beobachtet. Bereits bei der
Anfahrt hatten wir einen spontanen Stopp bei einer
Tierbeobachtungsstation eingelegt, wo viele Wasservögel und
andere Schilfbewohner entdeckt werden konnten. Bei der
anschließenden Exkursion am Vogelpark der Serra Arrabida waren
wieder See- und Wattvögel zu beobachten. Auch Orpheusgrasmücke,
Orpheusspötter, Habicht und Zwergadler hatten dort ihren
Lebensraum. Danach ging es mit dem Bus weiter in das
Hafenstädtchen Sesimbra, wo wir uns am Strand fangfrischen Fisch
zum Mittagessen schmecken ließen. |
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Gestärkt machten wir uns zur
letzten Etappe auf: Fahrt zum Kap Espichel (Cabo Espichel).
Dieses Kap gehört zum westlichsten Teil des europäischen
Festlandes. Auf diesem kargen und windigen Landstück befindet
sich eine stillgelegte riesige Klosteranlage, die früher die
wichtigste Anlaufstelle für Seefahrer war. Ein Leuchtturm ist
heute das Wahrzeichen des Kaps. Über die Steilhänge hatten wir
eine freie, endlose Aussicht aufs Meer. Auf der felsigen
Landschaft waren verschiedene Möwenarten, Trottellumme,
Seeschwalben, Basstölpel und Hausrotschwanz zuhause; im
Klostergemäuer brüteten auch Steinkäuze.
Am späten
Nachmittag ging es dann auf einer Bergstraße hoch über der Küste
Costa Bela vorbei an einem verlassenen Kloster, zurück nach
Setubal. Nach dem gemeinsamen Abendessen besprachen und
komplettierten wir unter Anleitung von Peter Meloni unser
Exkursionsheft. |
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Samstag, 30.4.
(Rückreise)
Leider war unsere inhaltsreiche
Studienreise nun beendet. Am frühen Morgen flogen wir von
Lissabon zurück nach Frankfurt, wo uns der Shuttle-Bus abholte.
Zusammenfassung:
Unsere Studienreise war wieder ein
unvergessliches Erlebnis mit herrlichen Eindrücken und
Erfahrungen. Wir genossen jeden Tag viel Sonne. Der ständige
leichte Wind machte die Hitze erträglich. In den äußerst
unterschiedlichen Biotopen zählten wir bei unseren Exkursionen
124 verschiedene Vogelarten ; darunter relativ häufig Wiedehopf,
Bienenfresser, Steinwälzer, Flamingo, Blauelster,
Schwarzkehlchen, Seiden- und Kuhreiher, Einfarbstar und
Raubwürger. Ferner entdeckten wir ca. 20 Schmetterlingsarten,
viele Großinsekten, einige Froscharten, Eidechsen, Schlangen und
Sumpfschildkröten. Die unterschiedlichen Landschaften mit ihrer
Artenvielfalt, die Blumenwiesen und das Orchideenvorkommen
zeigten sich in überwältigender Schönheit.
Die
Unterbringung und das Essen waren gut. Einkaufsmöglichkeiten bei
unseren Fahrten gab es fast überall.
Ein herzliches
Dankeschön an die Damen Evi Geitner und Helga
Thösen, die unser Picknick so liebevoll zubereiteten.
Ein herzlicher Dank an Herbert Geitner für die
umfassende Planung und Durchführung unserer Reise, ebenso an
alle anderen, die zum Gelingen unserer Reise beigetragen haben.
Ein
besonderer Dank an Herrn Dr.
Peter Petermann, der uns zielsicher in die
Exkursionsgebiete geleitet und der uns Land und Leute durch
seine Sachkenntnis näher gebracht hat. Unsere hochangesetzten
Erwartungen wurden voll erfüllt.
Für das
Jahr 2017
ist die Studienreise in die
Camargue
vorgesehen. Näheres wird beim nächsten „Nachleseabend“
besprochen.
Viele Grüße
Manfred Lohrmann
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