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Bulgarien |
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Ornithologische Studienreise vom 11. bis 18.Mai 2019 nach Bulgarien
Reisebericht
von Manfred Lohrmann
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Allgemeines/Vorbereitung
Für manchen ist der EU-Mitgliedstaat Bulgarien (ca.8,4 Millionen
Einwohner) noch weitgehend ein unbekanntes Land, Sofia als Hauptstadt
schon eher. Burgas und Warna am „Goldstrand“ am Schwarzen Meer sind bei
vielen als Urlaubsziele beliebt. Während in den 4 Großstädten mit
insgesamt ca. 5 Millionen Einwohnern der Großteil westlich orientiert
ist, lebt der Rest auf dem Land noch in sehr einfachen Verhältnissen.
Die Landwirtschaft wird zum Teil archaisch geführt. Eine von Sofia ans
Schwarze Meer führende Autobahn teilt das Land in eine Nord- und eine
Südhälfte. Das dünnbesiedelte Land bietet aufgrund seiner
geographischen Lage eine Vielzahl verschiedener Lebensräume -Meer,
Berge, Wälder, Tiefebenen, Feuchtgebiete- eine interessante Tier- und
Pflanzenwelt. In Bulgarien sind viele National-Parks, Natur-Reservate
und Natur-Parks ausgewiesen mit einigen außergewöhnlichen Vogelarten wie
z.B. Steinadler, Schwarzstorch, verschiedene Geierarten,
Halbringschnäpper. Auch Braunbären und Wölfe sind dort noch anzutreffen.
Und so traten 36 motivierte Reiseteilnehmer erwartungsvoll die Reise an.
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Foto: H.Giraud |
Die Reisevorbereitung lag wieder in den Händen unseres
Landesvorsitzenden Herbert Geitner und unserer Geschäftsführerin Helga
Thösen. Durchgeführt wurde die Reise von dem zuverlässigen und bewährten
Unternehmen Albatros-Tours, ornithologische Studienreisen Jürgen
Schneider. Die Reiseführung in Bulgarien hatte Frau Sonia
Krasteva, die ornithologische Führung die Herren Marin Kurtev
am 12. und 13.5., Ivailo Dimchev vom 15. bis 17.5.
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Anreise Samstag, 11.5. Nach
der Shuttlebus-Fahrt zum Flughafen Frankfurt flogen wir direkt nach
Sofia, wo wir gegen 13.40 Uhr landeten und von unserer Reiseführerin
Sonia erwartet wurden. Die sehr gut deutsch sprechende Dame leitete uns
zu einem nicht weit entfernten Metro-Markt, wo wir unser Geld in die
Landeswährung „LEV“ wechseln konnten. Mit mehreren Zwischenstopps ging
es ostwärts 350 km zu unserem ersten Zielort Ivailovgrad, nahe der
griechisch/ türkischen Grenze. Unterwegs machten wir schon die ersten
interessanten Vogelbeobachtungen: u.a eine große Kolonie Bienenfresser.
Wegen Umleitungen mussten wir einige Kilometer bis zu unserem Zielort
„über Land“ fahren, wobei wir auch durch kleine Ortschaften kamen. Hier
wurde es vielen wieder bewusst, wie gut wir doch in Deutschland leben !
Bei Dunkelheit ging es später durch endlose Wälder, bis wir gegen 20 Uhr
das Städtchen Ivailovgrad erreichten. Dort bezogen wir im ruhigen und
beschaulichen Landhotel Armira unsere schlichten Zimmer. Das Abendessen
war gut; als Vorspeise/Beilage gab es den landesüblichen Salat aus Gurke
und Tomate mit Weichkäse. Die Getränke ( Wasser, Bier, Wein usw.) waren
sehr günstig. |
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Foto: M.Lohrmann |
Foto: M.Lohrmann |
Sonntag, 12.5.
Nach einem kräftigen, ortsüblichen Frühstück fuhren wir 1 ½ Stunden in
das nicht weit entfernte Geierschutzzentrum in den Bergen bei Madjarovo
in den östlichen Rhodopen. Dort trafen wir uns mit dem Naturführer
Kurtev, der uns in das Schutzgebiet einwies. Bald sahen wir die ersten
über uns kreisenden Geier, die nicht schwer als Gänse- und Schmutzgeier
auszumachen waren. Es ist schon ein erhabenes Gefühl, ca. 20 dieser
Vögel im natürlichen Lebensraum beobachten und filmen zu können. Nach
dem Mittagessen in der Gaststätte des Zentrums hatten wir Gelegenheit
für weitere Natur- und Vogelbeobachtungen.Rotrückenwürger waren öfter zu
sehen, auch Rotkopfwürger, Ortolan und die auffallend schöne Kappenammer
glänzten in der Sonne. In einem kleinen Waldstück tauchte eine der
seltenen, prächtigen Smaragdeisechse auf, die sich aus der Nähe
fotografieren ließ. Diese Gegend weist viele verschiedene geologische
Formationen auf. Deshalb waren auch Flora und Fauna vielfältig und
interessant. Nach dem Abendessen konnten wir bei Dunkelheit in Hotelnähe
noch die seltene Zwergohreule in ihrem Lebensraum beobachten und
fotografieren. |
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Foto: M. Lohrmann |
Schwarzstorch,
Foto: M.Lohrmann |
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Smaragdeidechse,
Foto: Manfred Lohrmann |
Foto: Manfred Lohrmann |
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Kappenammer,
Foto: J.Freund |
Rotkopfwürger,
Foto: J.Freund |
Montag, 13.5. Am Morgen
fuhren wir in ein kleines Dorf namens Dolna Kula im Süden Bulgariens.
Dort wanderten wir am nahe gelegenen Fluss Krumovitsa entlang. Unsere
stetigen Begleiter waren wieder Rotrückenwürger. In der Ferne konnten
u.a.Kolkrabe und Kuckuck festgestellt werden. Ein besonders seltener
Einzelvogel erregte bei allen große Aufmerksamkeit: Ein Chukarsteinhuhn
in einem nahe gelegenen Felsenhang. Nach dem Mittagspicknick am
Flussufer fuhren wir in das nahe gelegene Örtchen Mezek zu einer
Weinverkostung.Dort konnte auch Rotwein aus der Region gekauft werden.
Später besichtigten wir bei der Ortschaft Haskovo das größte gut
erhaltene thrakische Kuppelgrab Bulgariens aus dem 4.Jh v.Chr. Das
Gebiet des antiken indogermanischen Volkes der Thraker befand sich im
heutigen Bulgarien, in Rumänien, Griechenland und in der europäischen
Türkei. |
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Foto: M.Lohrmann |
Rotrückenwürger, Foto: M.Lohrmann |
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Foto: M.Lohrmann |
Foto: M.Lohrmann |
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Chukarhuhn,
Foto: J.Freund |
Foto: M.Lohrmann |
Dienstag,14.5. Bevor wir
morgens in Richtung Schwarzes Meer starteten, besuchten wir noch das
bulgarische Kultur-Denkmal „Vila Armira“, einer im Jahr 50 n.Chr.
erbauten römischen Villa. Das Anwesen mit seinen einmaligen
Boden-Mosaiken wurde im Jahr 1064 entdeckt. Einige Bauteile wurden
restauriert, so dass sich der Besucher ein Bild von dem damaligen Luxus
machen kann. Bei einer längeren Fahrpause nach Burgas am Schwarzen Meer
entdeckten wir in einem Biotop noch einige interessante Vögel wie
Rotkopfwürger, Wiedehopf und Schwarzstirnwürger. Nach dem
Mittagspicknick ging die Fahrt zunächst zu einer größeren und offenen
Landschaft mit einer Kolonie Rötelfalken, die dort gezielt angesiedelt
und geschützt werden. In diesem Schutzgebiet hingen für diese Vögel
Nistkästen aus, die auch z.Teil auch schon belegt waren. Im gleichen
Gebiet entdeckten wir zufällig einige der kontrastreich gezeichneten Weidensperlinge, in der
Ferne zwei Schreiadler. Nach diesen und anderen eindrucksvollen
Entdeckungen des Tages erreichten wir gegen 19 Uhr unser Luxus-Hotel
Paradise in Burgas am „Goldstrand“, wo schon ein üppiges Abendessen auf
uns wartete. |
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Foto: M.Lohrmann |
Foto: M.Lohrmann |
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Rötelfalken,
Foto: M.Lohrmann |
Foto: M.Lohrmann |
Mittwoch,15.5. In den
kommenden Tagen erkundeten wir in der Region Burgas verschiedene
Biotope. Unser neuer örtlicher Begleiter Ivailo führte uns am heutigen
Vormittag bei einer Bootstour durch den Golf von Burgas zunächst zur
größten Schwarzmeerinsel Sveti Iwan nördlich der Stadt Sozopol. Dort
hatten Archäologen in den Resten des ehemaligen kaiserlichen Klosters
ein Reliqiuar von Johannes dem Täufer entdeckt, der im 4.Jh. vor Chr.
von Konstantinopel nach Sozopol gelangt war. Anschließend besuchten wir
die größte Kolonie der Mittelmeermöwe im Schwarzen Meer. Bevor wir nach
Sozopol zurückfuhren, gab es noch ein leckeres Fischgericht in einer
Inselgaststätte. Den Nachmittag verbrachten wir im Städtchen Sozopol, wo
jeder die verbleibende Zeit bis zur Rückfahrt nach individuellen
Interessen gestalten konnte (Strandspaziergang, Stadtbesichtigung).
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Foto: M.Lohrmann
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Foto: M.Lohrmann |
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Mittelmeermöwe,
Foto: M.Lohrmann |
Foto: M.Lohrmann |
Donnerstag, 16.5. Der
heutige Tag galt dem Besuch der Salinen von Pomerie, wo wir
erwartungsgemäß viele Limikolen-Arten beobachten konnten. Anschließend
fuhren wir weiter an an Atanassovsee, wo wir einige der dort
vorkommenden 270 Vogelarten antrafen -vorwiegend „Wasservögel“.Ein
selten zu sehender Maskenwürger fand unser aller Interesse, der dort
längere Zeit beobachtet werden konnte. Besonders beeindruckend war ein
großer Schwarm Pelikane, der über eine Waldlichtung hinweg flog. Nach
dem Mittagspicknick und einer anschließenden Exkursion am Mandrasee
sowie durch die Feuchtgebiete des Isworskaflusses, konnten wir noch an
einer Pferdekutschfahrt in den nahegelegenen Wald teilnehmen. |
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Säbelschnäbler,
Foto: Manfred Lohrmann |
Kormorane,
Foto: Manfred Lohrmann |
Freitag, 17.5. Nach einem
stärkenden Frühstück ging es heute zu einem „jungen“ Naturschutzgebiet
am Ropotamo-Fluss, wo wir bei einer Bootsfahrt die nähere Umgebung
erkundeten. In einem Waldstück nahe des Flusses wurde der sehr seltene
Halbringschnäpper entdeckt und auch längere Zeit beobachtet. Nach dem
Mittagspicknick fuhren wir weiter in das Naturschutzgebiet Poda. Dort
trafen wir unter anderem noch andere interessante Vögel an: Brandgans,
Maskenstelze, Rallenreiher, Schreiadler, Steinkauz. Nach diesen
vielseitigen Eindrücken am letzten Tag unserer Studienreise fuhren wir
zufrieden mit unserer „Ausbeute“ ins Hotel zurück. |
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Foto: M.Lohrmann |
Flussseeschwalbe,
Foto: M.Lohrmann |
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Sichler,
Foto: J.Freund |
Rallenreiher,
Foto: J.Freund |
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Rotflügel-Brachschwalbe,
Foto: J.Freund |
Steinkauz,
Foto: J.Freund |
Abreise Samstag,18.5. Am
frühen Morgen ging es von Burgas aus mitten durch Bulgarien mit einigen
Zwischenstopps zum ca. 400 km entfernten Flughafen Sofia. Auf der Fahrt
wurde noch viel über die Erlebnisse und die entdeckten Tiere diskutiert.
Unter der Regie von Paul Dohm verglichen und vervollständigten wir unser
Exkursionsheft. Vielen Dank für deine Mühe Paul. Nach pünktlichem Abflug
und Landung brachte uns der Shuttle-Bus wohlbehalten zurück nach Bad
Schönborn, wo sich unsere Gesellschaft wieder auflöste. Aus den
Gesprächen während der Rückreise konnte man entnehmen, dass es einige
von uns in Bulgarien noch „länger ausgehalten“ hätten. |
Zusammenfassung/Ausblick
Die Bulgarienreise war eine der eindrucksvollsten Studienreise unseres
Verbandes und wird als unvergessliches Erlebnis in Erinnerung bleiben.
Unsere Reise in das weitgehend unbekannte Land brachte nicht nur viele
neue Eindrücke in „punkto Natur“ sondern auch interessante kulturelle
Erkenntnisse sowie einige Einblicke in die bulgarische Gesellschaft.
Einiges war für uns fremd und auch gewöhnungsbedürftig. Die riesigen
Wälder Bulgariens werden dominiert von Schwarzkiefern, Eichen und
Robinien. Auf freien, vielerorts unbewirtschafteten Flächen, wachsen
Wildgräser und Büsche; morsches Gehölz und Felsenhöhlen bieten vielen
Tieren Ansitz und Versteckmöglichkeiten. Die Landwirtschaft hat sich
maschinell wenig entwickelt, so dass für die Natur noch viel Raum bleibt
( „Natur pur“). Das Klima in dieser Jahreszeit entsprach etwa unserem
mitteleuropäischen. Die Temperaturen lagen bei ca. 18 – 22 Grad und
meistens schien die Sonne, wobei der Himmel auch manchmal bewölkt war;
ideal für unsere Unternehmungen. Bei unseren Fahrten in die Zielgebiete
bestanden Einkaufsmöglichkeiten in größeren Supermärkten bzw. in kleinen
Läden mit allerdings beschränkten Angeboten. Immer präsent bei
unseren Exkursionen waren auch die in Mitteleuropa vorkommenden
Vogelarten wie Amsel, Dohle, Elster, Graureiher, Neuntöter, Pirol, Star,
Bienenfresser, Wiedehopf. Naturwiesen mit vielen Insekten, herrlichen Orchideenarten,
auch Rehe, Feldhasen, Rothirsche, Frösche, Würfelnatter und die seltene
Smaragdeidechse . Von den in Europa vorkommenden 450 Vogelarten konnten
155 verschiedene festgestellt werden; die größte Anzahl unserer
Studienreisen.
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Ein besonderes Dankeschön an Herbert Geitner und Helga Thösen für die
hervorragende Planung unserer Reise sowie Evi Geitner mit Helga Thösen,
die dafür sorgten, dass wir nicht hungerten. Ein herzliches Dankeschön
auch allen anderen, die zum Gelingen unserer Reise beigetragen haben.
Ein besonderer Dank an unsere Reiseleiterin vor Ort Sonia Krasteva, die
uns sicher durch Bulgarien geführt hat. Sie ist nicht nur sachlich
kompetent sondern war für uns eine ständige Ansprechpartnerin und Hilfe.
In sehr gutem Deutsch konnte sie auch Vieles über Land, Menschen und
Geschichte Bulgariens erzählen. Ebenso vielen Dank an unsere zwei
örtlichen Naturführer, Marin Kurtev und Ivailo Dimchev, die sich in
naturkundlichen Dingen bestens auskannten. Ohne sie hätten wir die
interessanten Biotope bestimmt nicht gefunden. Ein Dankeschön an unsere
zwei zuverlässigen Busfahrer, die immer hilfsbereit waren und stets
etwas zu trinken anbieten konnten. Im kommenden Jahr sind die Müritzer
Seen und ihre Umgebung als Ziel unserer Studienreise vorgesehen. Beim
nächsten „Nachlese-Abend“ wird darüber bestimmt Näheres besprochen.
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