Landesverband Baden-Württemberg e. V.
Auffällige gefiederte Bewohner in Bad Schönborn
Seit zwei Jahren hat sich eine völlig neue Brutvogelart in Bad Schönborn angesiedelt, die Saatkrähe. Diese war in der Vergangenheit zwar regelmäßig als Wintergast bei uns anzutreffen, gebrütet hat sie aber weder in Bad Schönborn noch in unserer näheren Umgebung. Inzwischen brütet die Saatkrähe an drei Stellen im Ortsteil Mingolsheim. Platanen, als robuste Straßenbegleitbäume oftmals angepflanzt, werden für die Brutkolonien dieser Vögel offenbar weit bevorzugt - nicht nur in Bad Schönborn. Selbst mitten in Städten benutzen die Saatkrähen meistens diese Baumart.
Während der emsigen Bautätigkeiten der Gefiederten bei der Ampelkreuzung entdeckten die örtlichen Ornithologen gleiche Bemühungen auf den Platanen an der B3, vor dem Anwesen des dortigen Autohauses, sowie auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Bereits Anfang April hatten die eifrigen Erbauer hier schon 15 Nester errichtet, die inzwischen sogar auf 17 erhöht wurden. Aber selbst jetzt waren die diesjährigen Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen. Wie als Ironie für die staunenden Vogelbeobachter der Vogel- und Naturfreunde, haben die schwarzen Gesellen Mitte April noch 3 Nester auf den Platanen bei der ORNIKA-Halle errichtet.
Nach dem Ausfliegen bleibt die Familie zusammen und ist mit weiteren Artgenossen in den Feldern der Umgebung anzutreffen, auf denen sie geeignete Nahrung wie Engerlinge, Maikäfer, Würmer, Mäuse, Schnecken und auch keimende Feldfrüchte suchen. Nicht nur in unserer Gemeinde sondern auch in weiteren Ortschaften unserer Gegend haben sich in den letzten Jahren Brutkolonien der Saatkrähen gebildet, wie z.B. in Wiesental und auch in Hambrücken. Sie haben 1 Brut im Jahr, mit 4-5 Eier. Nach ca. 3 Wochen Brutzeit bleiben die Jungvögel noch ca. 5 Wochen im Nest. Die lautstarken Vögel und der anfallende Kot können allerdings zu unerfreulichen Konflikten bei der menschlichen Nachbarschaft führen. Obwohl die Stimme der Saatkrähen kaum als Gesang bezeichnet werden kann, zählt diese Art zu den Singvögeln und zu den besonders geschützten Vogelarten.
In jedem Spätjahr sieht man größere Schwärme von Rabenvögel auf unseren Feldern und Wiesen. Dies sind größtenteils Saatkrähen, die aus Nord- und Osteuropa südlich ziehen und bei uns überwintern. Im zeitigen Frühjahr lösen sich die Schwärme auf. Vermischt ist die Vogelschar oft mit Dohlen und Rabenkrähen. Alle wirken fast gleich dunkel bis schwarz. Die Dohle ist durch ihre deutlich kleinere Gestalt noch relativ leicht zu erkennen. Zur Unterscheidung der beiden anderen Arten muss man schon etwas genauer hinsehen. Die Saatkrähe ist nämlich annähernd gleich groß wie die Rabenkrähe. Am Besten kann man sie durch den schlankeren, weniger gebogenen Schnabel unterscheiden, der rings um die Schnabelwurzel bei den älteren Vögeln einen deutlichen hellgrauen „Grind“ erkennen lässt. Bei den Jungvögeln fehlt dieses Merkmal noch und verhornt erst mit der Zeit. Auch am Brutverhalten kann man die Saatkrähe von der Rabenkrähe unterscheiden. So werden die Nester der Rabenkrähe immer in einem erheblichen Abstand zu weiteren Nestern der eigenen Art gebaut. Die Nester der Saatkrähe sind dagegen fast immer in mehr oder weniger umfangreichen Kolonien errichtet – zahlreiche Nester oftmals dicht beieinander, auf dem gleichen Baum. Wir werden mit großer Spannung die weitere Entwicklung der Saatkrähenpopulation verfolgen und auch darüber berichten.
Vogel- und Naturfreunde Bad Mingolsheim e.V.
Herbert Geitner