Nachzuchtstatistik 2014
In diesem Jahr kommt die Auflistung der in den Volieren der VDW-Mitglieder aufgezogenen Jungvögel für das Vorjahr etwas zeitiger und sie ist auch ein wenig erfreulicher als im Vorjahr. Zum Jahresende 2014 verließ uns der Landesverband Bayern und Meldungen, die von in Bayern lebenden VDW-Mitgliedern eintrafen, erfolgten nun unter den Landesverbänden, in die sie neu eingetreten sind. Doch ist dies in der Auflistung ohnehin nicht erkennbar. Auf allgemeinen Wunsch wurde die Aufschlüsselung nach den einzelnen Landesverbänden, die ich für 2013 durchführte, hier wieder weggelassen.
Wir leben in komplizierten Zeiten, in denen uns die Gegnerschaft von vermeintlichen Tierschützern schnell in Schwierigkeiten bringen kann, wenn diese irgendwo Unregelmäßigkeiten wittern. Also halten wir uns klar an alle Regeln und jeder, in dessen Obhut Jungvögel erfolgreich aufgezogen wurden, soll beruhigt sein können: seine Meldung wird nur bei den von den Landesverbänden eingesetzten Beauftragten für die Nachzuchtstatistik gespeichert. Sie wird an keine Behörde weitergeleitet, weder die Namen von Haltern und Vogelarten noch die Zahlen; dies macht jeder Vogelhalter selbst bei seiner zuständigen Verwaltung. Diese Auflistung ist ein freiwilliger Service zunächst nur für die VDW-Mitglieder, dann aber auch für alle Interessierten zugunsten der Haltung von Vögeln in menschlicher Obhut - und ein starkes Argument gegen die, die die Arterhaltung durch Zucht in Frage stellen. Auch ich kenne nur die Zahlen der Jungvögel und die Arten, zu denen sie gehören, die Halter bleiben hier völlig anonym.
Für 2014 wurden 3.859 Jungvögel aus 248 Arten gemeldet. Dies ist ein Zuwachs von 19 Arten und 199 Jungvögeln. Doch damit zeichnet sich noch keine Trendwende ab, denn diesmal sind Wellensittiche mit 159 Jungvögeln dabei (sie fehlen in der Tabelle für 2013) und da in den Meldungen kein Unterschied zwischen Kanarengirlitzen (der Wildform) und Kanarienvögeln (den Haustieren) gemacht wurde, schlägt die Art Serinus canaria, die ja beide umfasst, mit 341 Jungvögeln besonders stark zu Buche. Nirgendwo wird soviel gelogen wie in der Politik und auf der Jagd, hat Bismarck einmal gesagt - mit Statistik ist das keineswegs besser, möchte ich hinzufügen, doch das wird der VDW nicht tun. Wir müssten die Aufstellung eigentlich ein wenig bereinigen und alle domestizierten Formen ausschließen. Doch wo zieht man dann die Grenze?
Auf einen sehr traditionellen Wunsch unserer Mitglieder gehe ich auch in diesem Jahr wieder ein: vier Arten erscheinen auf besonderen Wunsch ihrer Halter und Melder erneut doppelt: Blaukehlchen, Stieglitz, Dompfaff und Fichtenkreuzschnabel. Zoologisch ist das unsinnig, denn weder die rotsternigen Blaukehlchen noch die größeren Stieglitze und Dompfaffen/Gimpel bilden einheitliche Unterartengruppen; es sind Individuen- bzw. geographisch abgrenzbare Populationsgruppen, die sich jeweils durch nur ein Merkmal von den mitteleuropäischen Artangehörigen unterscheiden. Und der Himalaya-Kreuzschnabel gehört nach übereinstimmender Meinung der Fachleute als Unterart zum sehr weit verbreiteten Fichtenkreuzschnabel.
Auffällig ist, dass trotz der großen Zahlen für die domestizierten Arten Wellensittich und Kanarienvogel, die das Ergebnis unverdient aufbessern, auch zahlreiche Arten mehr als im Vorjahr 2013 in der Tabelle stehen, allerdings auch eine ganze Reihe der 2013 aufgelisteten Arten nun fehlen; z.B. der Hakengimpel. Da es in der Summe von 2014 aber mehr Arten sind als für 2013, kamen auch eine ganze Reihe Arten neu hinzu bzw. wurden nach einer Pause wieder einmal mit Nachwuchs gemeldet; z.B. die Bachstelze mit 9 Jungvögeln. Dies kann nur durch eine auffällige Fluktuation bei den meldenden Haltern erklärt werden, die nach unseren Schätzungen ohnehin nur 10 bis maximal 30% aller züchtenden Vogelhalter im VDW ausmachen.
Bei manchen Arten sind gravierende Unterschiede festzustellen. Manche erbrüteten deutlich mehr Jungvögel als im Vorjahr - Kapuzenzeisig mit 141 gegenüber 13 mehr als das Zehnfache. Rubinkehlchen mit 63 gegenüber 35 immerhin noch knapp die Hälfte. Allerdings tun sich andersherum ebensolche deutlichen Unterschiede auf: z.B. Saharasteinschmätzer mit nur 2 Jungen 2014 gegenüber 19 im Vorjahr oder Wachtel mit 50 Jungvögeln 2013 und nur noch 9 in diesem Jahr. Stieglitz (2013: 501, 2014:231) und Dompfaff (2013: 250, 2014: 136) nahmen jeweils um mehr als die Hälfte ab, während Blauracke (2013: 27, 2014: 34) und Bienenfresser (2013: 19, 2014: 35) leicht oder deutlich zunahmen.
Die geringen Nachzuchtzahlen für zahlreiche Vogelarten 2014 geben durchaus Anlass zur Sorge: für 48 %, die knappe Hälfte aller aufgelisteten Arten wurden nur 5 oder weniger Nachzuchten gemeldet. Diese Populationen in menschlicher Obhut sind durchaus gefährdet und bei manchen Arten scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis sie ganz aus der Haltung verschwunden sind. Es handelt sich hier vorwiegend um größere, nur von wenigen Haltern gepflegte und heikle Arten, und es fällt auf, dass die sogenannten Weichfresser hier deutlich stärker vertreten sind als die „Körnerfresser". Beeindruckend ist, dass ebenfalls 48 % aller gemeldeten Arten nicht zu den europäischen Vogelarten zählen, sondern den „Exoten" zuzuordnen sind. Hier zeigt sich, dass die VDW-Mitglieder durchweg offen für die gesamte Vielfalt der Vogelwelt sind. Doch ihr Schwerpunkt liegt nach wie vor bei den heimischen Arten. Insgesamt eine erfreuliche, aber auch etwas nachdenklich stimmende Bilanz. Ohne jeden meldenden Vogelhalter, ohne die Koordinatoren in den Landesverbänden und ohne Herbert Geitner, der die erste grobe Zusammenfassung vornahm, hätte ich diese Aufstellung nicht leisten können - deshalb danke ich allen, die hierzu beigetragen haben.
Dr. Christoph Hinkelmann